Die beiden Künstlerinnen Klodin Erb und Brigitt Lademann arbeiten nicht als Duo, sie stellen gemeinsam aus. Die bei diesem Anlass geplante Zusammenarbeit – die Koexistenz von zwei Unabhängigen Arbeiten setzt dies gewissermassen auch voraus – führt dazu, dass die beiden Künstlerinnen den Raum untereinander aufteilen. Bereits bei dieser Geste wird deutlich, dass trotz der gemeinsamen Themenkomplexe – Raum und Fläche, Form und Inhalt, Transparenz und Undurchdringbarkeit – jede ihren Bereich ungehindert einnimmt, dass die beiden Arbeiten sich im Galerieraum ergänzen, miteinander in Verbindung treten, einander aber nicht die Luft abschnüren.
Die Arbeit von Brigitt Lademann ist raumfüllend, sie schafft im Innern eines Körpers weitere Figurationen und greift damit in den Raum ein. Die drei durchsichtigen Plastikkörper werden in bestimmten Zeitabständen durch die von einem Staubsauger angesogene Luft aufgeblasen; beim Aussaugen der Luft und dem Aufblasen des nächsten Körpers fällt der erste in sich zusammen, so dass immer ein kubisches Volumen im Raum aufrecht steht. Durch die Transparenz der Hülle wird der Inhalt – Luft – sichtbar resp. wahrnehmbar gemacht, der Staubsauger verweist sowohl auf die Methode des Transfers als auch auf die Alltäglichkeit des Experiments. Der Luftaustausch durch den Staubsauger – das Einsaugen und Ausstossen – entsteht bei jedem seiner Einsätze, die Luft wird gefiltert, der Dreck bleibt in der Maschine, die Luft verströmt in den Raum. Der Raum, in dem die Arbeit steht, ist Inhalt einer Form, Ort der Positionierung des Objekts und Hülle für das Kunstwerk. Innen und aussen verschwimmen, die Luft zirkuliert im Raum. Gleichzeitig werden dem Raum ganz bestimmte Qualitäten verliehen – Daheim, Zuhause, das Wohnzimmer nach dem Osterputz der Hausfrau, der fast nicht beschreibbare Geruch von Staub und Sonne, der Polstermöbel entströmt.
Die Arbeiten von Klodin Erb wurden ebenso speziell für diesen Raum gefertigt und besetzen ihrerseits die Wände. Die Stoffbilder, die auf Grund ihrer Gestaltung auch als Wandobjekte lesbar sind, vermitteln Räumlichkeit auf andere Weise: Einerseits erinnert die Anordnung der Arbeiten an der Wand an Grundrisse, an Flächenkonstellationen, die gleichzeitig mehrere Sichten des Raumes wiedergeben. Andererseits entfernen sich die Bilder von ihrer reinen Zweidimensionalität, ihr Objektcharakter, das Ausgreifen in den Raum lockert die feste Bindung an die Wand. Die Stoffe werden kombiniert, Muster werden verdreht, Kanten hell abgesetzt – Schneiderkunst ohne Schnittmuster, Bekleidung des Raumes in Blümchenstoff und Baumwollrips. In immer neuen und variablen Kombinationen spielt Klodin Erb wie in einer Puppenstube mit grossen und kleinen Massstäben, mit Fläche und Raum und lässt die Dimensionen manchmal ineinander übergehen.
Der Raum im Kulturzentrum Kammgarn, der von den beiden Künstlerinnen bespielt, besetzt und neu geschaffen wird, ist ein temporäres Gebilde. Er steht mit Alltagserfahrungen, mit Erinnerungen im Zusammenhang. Er verweist die BetrachterInnen auf ihre eigenen sinnlichen Wahrnehmungen zurück, lenkt den Blick am Spektakulären vorbei und animiert den Spieltrieb wie die Experimentierlust.
Irene Müller